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Literaturwissenschaftsseminare > Dichtkunst > 2 Romantik, Pastorale, Naturlyrik

Streifzug durch die Dichtkunst
Begegnungen mit Blake, Goethe, Tennyson, von Droste-Hülshoff u. a.

Kurzzusammenfassung zur Seminarnachbereitung
Veranstaltung im Kontaktstudium der Universität Hamburg im Sommersemester 2022 (online)

 

2 Romantische und pastorale Dichtung, Naturlyrik

Romantik

Die europäische Romantik ist eine literarische Epoche, die beginnend ab dem Ende 18. Jh.s bis etwa 1850 andauerte. Sie umfasste neben der Literatur auch die Bereiche der Kunst und der Musik, wodurch sie als eine gesamtgesellschaftliche Strömung zu betrachten ist, die erheblichen Einfluss auf den damaligen Zeitgeist hatte und sich gleichzeitig auch selbst aus diesem speiste. Die Romantik formierte sich als Gegenbewegung zu Aufklärung und Klassizismus und erfüllte das Bedürfnis nach einem stärkeren Gefühlsausdruck und einem insgesamt höheren Maß an Emotionalität in literarischen Texten. 1798 bezeichnete der englische Poet William Wordsworth in seiner Gedichtsammlung Lyrical Ballads Lyrik als Ausdruck eines „spontaneous overflow of powerful feelings“ und schuf damit nicht nur den Ausgangspunkt der englischen Romantik, sondern auch eine bis heute übergreifend verwendete Definition romantischer Dichtung. Vor allem in England und Deutschland wurde die Romantik in der ersten Hälfte des 19. Jh.s zur dominierenden literarischen Stilrichtung. In England wurde sie vor allem durch Wordsworth, Samuel Taylor Coleridge, John Keats, Percy Bysshe Shelley und William Blake geprägt, in Deutschland zählen Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Novalis, Joseph von Eichendorff und E. T. A. Hoffmann zu den Hauptvertretern.

Zu den Schlüsselkonzepten romantischer Dichtung gehören, wie oben angeführt, die Betonung des Gefühlserlebnisses, das eine Subjektivierung der geschilderten Situation bedeutet und zugleich den Rezipienten oft zu einer leichten Identifizierung mit dem Protagonisten des Gedichtes einlädt, der zudem häufig in Gestalt eines lyrischen Ichs auftritt. Die emotionale Verfasstheit des lyrischen Ichs findet sich oft in Naturbildern gespiegelt, wodurch einerseits die visuelle Vorstellungskraft und andererseits ein transzendentales Textverständnis angeregt wird. Der emotional gelenkte Textzugang ermöglicht den Rezipienten in besonderem Maße bewusst und unbewusst eigene Gefühlsassoziationen, wodurch der emotionale Eindruck durch eine zusätzliche Subjektivierung intensiviert wird.

Übernatürliche Ereignisse und das aus der Schauerliteratur stammende Konzept des Sublimen prägen die romantische Dichtkunst in besonderer Weise. In diesem Kontext ist auch die melancholische Grundstimmung zahlreicher romantischer Texte zu verstehen, welche passend in eine nostalgische Umgebung verlagert werden, in der z. B. mythologische und mittelalterliche Motive sowie insbesondere Szenen aus dem Rittertum und dem höfischen Leben Verwendung finden.

Passend zu den oben aufgeführten Überlegungen haben wir im Seminar John Keats' „La Belle Dame Sans Merci“ aus dem Jahr 1819 besprochen. Der Titel des Gedichtes ist eine Reminiszenz an das gleichnamige Werk des französischen Lyrikers und politischen Essayisten Alain Chartier aus dem Jahr 1424, in dem es um eine unerwiderte Liebe geht und das zu Chartiers bekanntesten poetischen Werken gehört. Chartiers 800 Verse, gegliedert in 100 Strophen, erzählen in Form einer dialogisch aufgebauten Rede von der Zurückweisung eines Liebenden durch die von ihm verehrte Dame. Ein kontinuierlicher Wechsel von Bitten und Abweisungen fungiert als strukturierendes Element. Am Ende erfährt der Leser durch ein im übrigen Text unsichtbares lyrisches Ich, dass der Liebhaber wenige Tage nach der geschilderten Unterredung den Tod gefunden habe, suggerierend, dass zwischen beiden Ereignissen ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Das lyrische Ich bittet, indem es sich direkt an die Leserinnen und Leser wendet, diese um ein nachsichtigeres Verhalten und einen pfleglicheren Umgang miteinander, damit sich eine solche Tragödie nicht wiederholen möge.

Keats übernimmt in seinem Gedicht die Situierung der Handlung im höfischen Kontext sowie das Sujet der unerwiderten Liebe, transponiert beides aber in ein fantastisches Tableau, indem eine elfisch oder feenhaft anmutende Figur auftritt und in dem unheimliche, übernatürliche Kräfte walten, bis hin zu Unheil verkündenden Geistererscheinungen. Geschickt nutzt Keats dabei die durch den Zeitgeist bereits damit verknüpften Assoziationen und entwickelt eine sich sogartig entfaltende Verschmelzung der romantischen mit der sublimen Liebe. Magie und das Numinose bestimmen das Umfeld, in dem sich die Beziehung des romantisch liebenden Ritters und der schönen, aber kaltherzigen Fee entwickelt. Die Naturbeschreibungen dienen dabei – typisch für die romantische Dichtung – als Spiegel der Emotionen und der körperlichen Verfasstheit des Ritters.

Pastorale Dichtung

Die pastorale Dichtung, auch Schäfer- oder Hirtendichtung genannt, ist eine literarische Gattung der europäischen Renaissance und des Barock. Ihr Ursprung liegt in der Schäferei, einer höfischen Dichtung mit musikalischen und dialogischen Einlagen, die eine Idealisierung des Hirtenlebens darstellt. Zu den typischen Themen der pastoralen Dichtung gehören das Motiv der unerwiderten Liebe mit dem einhergehenden Leid, Wehmut, Verklärung der Vergangenheit und die Sehnsucht nach einer verlorenen Heimat.

Die Idylle gilt als eine Unterform der Hirtenlieder. Sie beschäftigt sich mit ähnlichen Themen, verzichtet jedoch weitgehend auf die melancholischen und dunklen Elemente der übergeordneten Gattung. Sie beschreibt stattdessen ein friedliches, bescheidenes, paradiesisch anmutendes ländliches Leben im Einklang mit der Natur und betont das harmonische Miteinander von Mensch und Umwelt. Entsprechend finden sich in der Idylle „weiche“, sanfte Landschaften, (lichte) Burgen oder Schlösser, friedliche Tiere sowie Menschen als integraler, harmonisch eingefügter Teil der oft beseelten Natur.

Im Seminar haben wir von einem unbekannten Autor den Text „Kleine Idylle“ besprochen.

 

Naturlyrik

Der Begriff Naturlyrik ist eine Sammelbezeichnung für lyrische Texte, in denen die Natur im Zentrum der Dichtung steht (Flora, Fauna, Landschaft, Wetter usw.). Eine begrenzende epochale Zuordnung wird bei der Naturlyrik üblicherweise nicht vorgenommen, denn ihr Entfaltungsraum liegt thematisch im Rahmen wechselnder zeitgenössischer Schwerpunkte (religiös, heilsgeschichtlich, romantisch, sublim etc.) und findet daher epochenübergreifend Verwendung, wobei die Natur als Projektionsraum menschlicher Empfindungen fungiert. Einen Höhepunkt erlebte die Naturlyrik im Sturm und Drang sowie in der Romantik, in denen Natur als idyllisches Gegenbild zu der als mangelhaft empfundenen gesellschaftlichen Realität gedeutet wird.

Im Seminar haben wir Johann Wolfgang von Goethes „Maifest“ (1771) und Theodor Storms „Meeresstrand“ (1854) besprochen.

 

⇒ 3 Kleine Formen