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Literaturwissenschaftsseminare > Dichtkunst > 3 Kleine Formen

Streifzug durch die Dichtkunst
Begegnungen mit Blake, Goethe, Tennyson, von Droste-Hülshoff u. a.

Kurzzusammenfassung zur Seminarnachbereitung
Veranstaltung im Kontaktstudium der Universität Hamburg im Sommersemester 2022 (online)

 

3 Kleine Formen

Der Haiku ist eine traditionelle, aus Japan stammende Gedichtform. Im Verlauf des 20. Jh. fand er zunehmend auch international Verbreitung (z. B. in deutscher Sprache ab den 1920er Jahren durch Rainer Maria Rilke). Der Haiku gilt als die kürzeste Gedichtform der Welt. Üblicherweise werden Matsuo Bashō (1644-1694), Yosa Buson (1716-1783), Kobayashi Issa (1763-1827) und Masaoka Shiki (1867-1902) als die vier großen Haiku-Dichter Japans betrachtet. Vor allem Bashō machte sich um eine Erneuerung der traditionellen Form verdient und verhalf dem Haiku zu mehr Anerkennung und der Etablierung als ernstgenommene Literaturform.

Ein Haiku besteht aus drei Zeilen mit den Silbenzahlen 5 – 7 – 5. Wesentlich ist der thematische Bezug auf die Gegenwart. Haikus sind offene, d. h. nicht abgeschlossene Texte: Die Vervollständigung erfolgt erst in der emotionalen Rezeption des Lesers, während der Haiku selbst Gefühle nur selten konkret benennt. Inhaltliche Ellipsen müssen von den Rezipienten mit Inhalten gefüllt werden, die sich aus dem Kontext erschließen und zugleich dem jeweiligen assoziativen Feld des Rezipienten entstammen. Im Seminar haben wir von Matsuo Bashō „Der alte See“ und „Die Sommergräser“ sowie mit Ezra Pounds „In a Station of the Metro“ aus dem Jahr 1916 eine moderne Haiku-Variante besprochen.

Der Limerick ist eine humorvolle lyrische Kurzform, die aus insgesamt fünf Zeilen im Reimschema aabba besteht. Sie besitzt zumeist eine klare inhaltliche Gliederung, wobei sich in der ersten Zeile häufig ein Hinweis auf den Handlungsort findet oder die handelnde Person vorgestellt wird. In der zweiten Zeile folgt üblicherweise eine Zustandsbeschreibung: Wo ist/was macht die Person? Die dritte und vierte Zeile sind i. d. R. endgereimt und (scheinbar) auf die Zeilen 1 und 2 bezogen. Dieser Bezug ist oftmals scherzhafter Natur (Hauptsache, es reimt sich). Die fünfte Zeile bekräftigt entweder die Eingangsaussagen oder rückt das vorher Gesagte in Form einer abschließenden Pointe in ein neues Licht. Besprochen haben wir von einem unbekannten Autor „There was a young lady of Niger“, veröffentlicht im Jahr 1891 in der Los Angeles Times, und die moderne Adaptation „There was a young lady of Wright“, die Stephen Hawking 1988 in seinem Buch A Brief History Of Time verwendete.

Auch das Epigramm ist eine Kurzform, sie leitet sich vom altgriechischen Wort epigramma ab, was soviel wie „Aufschrift“ bedeutet. Epigramme waren ursprünglich Inschriften auf Grabmälern, Denkmälern, Statuen oder Geschenken. Ihr Zweck bestand darin, bündig die Bedeutung einer Sache zu erläutern oder der Würdigung einer Person bzw. eines Gefühls Ausdruck zu verleihen. In der modernen Literatur wird auch ein Spottgedicht oder ein Merkspruch als Epigramm bezeichnet. Wir haben im Seminar ein Beispiel aus Goethes und Schillers Xenien besprochen sowie das mittlerweile zum Bonmot evolvierte „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ von Erich Kästner.

Das Elfchen hat nichts mit mythischen Sagenfiguren zu tun, sondern ist eine weitere lyrische Kurzform. Elfchen bestehen stets aus elf Wörtern (daher der Name), die wie folgt auf fünf Zeilen verteilt werden:

  1. Zeile: Einzelnes Wort, setzt Ton und Inhalt des Elfchens
  2. Zeile: Zwei Wörter, Spezifizierung von 1. (was wird gemacht?)
  3. Zeile: Drei Wörter, Spezifizierung von 1. (wo und wie?)
  4. Zeile: Vier Wörter, eigene Meinung zu 1.
  5. Zeile: Einzelnes Wort als Fazit/Resümee

Beispiel:

Gedichte
Öffnen Welten
Papier raschelt leise
Ein Zauber verborgen in
Träumen

Besprochen haben wir die drei Elfchen „Nacht“, „Einschlafen“ und „Gedichte“ (s. o.).

 

⇒ 4 Dinggedichte und Konkrete Poesie