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Ägyptologie-Seminare > Amarna > 3 Architektur

Amarna: Revolution im Alten Ägypten – Pharao Echnaton und die Alleinherrschaft der Sonne

Kurzzusammenfassung zur Seminarnachbereitung
Veranstaltung im Kontaktstudium der Universität Hamburg im Wintersemester 2019/20 und 2016/17

 

3 Architektur

Stadtanlage

Achetaton, beim heutigen Tell el-Amarna gelegen, befindet sich in Mittelägypten, etwa auf halbem Weg zwischen Memphis und Theben. Das bebaute Stadtgebiet liegt auf der Ostseite des Nil direkt am Flusslauf. Zu Echnatons Zeit war dies unberührter Boden und entsprach damit dem Wunsch des Pharao nach räumlicher, aber auch ideeller Distanz nicht nur zur alten Hauptstadt, sondern auch zu den Kultstätten der alten Götter, der entmachteten Priesterschaft und der alten Führungselite des Landes. Eine naturgegebene Besonderheit zeichnet diese von Echnaton als Bauplatz für seine neue Hauptstadt ausgewählte Fläche aus: Sie wird im Osten halbkreisförmig durch ein heute als Ostgebirge bezeichnetes Felsmassiv begrenzt. Der sehr ebenmäßige, eine nahezu waagerechte Linie bildende obere Abschluss der Formation weist an einer Stelle einen Taleinschnitt auf, der von Achetaton aus gesehen als Vertiefung wahrgenommen wird. Aus dieser heraus hatte Echnaton die Sonne am Morgen aufgehen und am Himmel emporsteigen sehen, um die Schöpfung erneut zu beleben und ihren Fortbestand zu sichern. Der Große Aton-Tempel, das Herzstück der neuen Stadt ebenso wie im übertragenen Sinne der neuen Lehre, ist in seiner Längsachse auf diesen Punkt am Osthorizont ausgerichtet, und man darf davon ausgehen, dass der Pharao und seine Anhänger ihn als Geburtsort der Sonne auffassten.

Die Profanbauten in Achetaton wurden aus ungebrannten Lehmziegeln errichtet, Stein blieb als Baumaterial primär den sakralen Gebäuden vorbehalten. Eine genialische Neuerung war die Verwendung kleinerer und dadurch vergleichsweise leicht zu handhabender, standardisierter Steine: Die sogenannten Talatat-Blöcke hatten eine einheitliche Größe (½ × ½ × 1 ägyptische Elle, entsprechend 27 × 27 × 54 cm), dank derer sie an beliebiger Stelle verbaut werden konnten. Gebäude ließen sich so in neuer Rekordzeit errichten. Dies ermöglichte es Echnaton und seiner Familie, nach nur einem Jahr Bauzeit mit dem Hofstaat und einem großen Gefolge aus Beamten, Architekten, Handwerkern, Künstlern und Vertretern des Militärs in die neue Hauptstadt umzuziehen. Ägyptologen vermuten, dass Achetaton nach vier Jahren Wohnstatt von rund 30.000 Menschen war, später ggf. sogar von 50.000-100.000.

Das Stadtgebiet umfasst zwei Aton-Heiligtümer, Palast- und Verwaltungsgebäude, unterschiedliche Typen von Wohnhäusern, Werkstätten der Handwerker und landwirtschaftliche Betriebe. Schulen, Läden und Gaststätten sind zwar nicht befundet, ihre Existenz darf aber vorausgesetzt werden. Der Stadtkern mit dem Palast und dem Großen und Kleinen Aton-Tempel wurde im Norden und Süden von Villenvierteln umschlossen. Diverse Brunnen versorgten die Anwohner mit frischem Wasser. In Achetaton herrschte ein gehobener Lebensstandard. Die drei bis zu 40 m breiten Hauptstraßen durchzogen das Stadtgebiet in Nord-Süd-Richtung, parallel zum Verlauf des Nil.

Sakralarchitektur

Altägyptische Tempel vor (und auch wieder nach) der Amarna-Zeit waren in sich geschlossene Anlagen, die hinter den den Eingang bildenden Pylonen einen offenen Hof besaßen, von dem aus man sich durch die Säulenhalle des bereits überdachten Pronaos immer weiter in die zunehmende Dunkelheit des Tempelinneren bewegte. Im Herzen der Anlage verbarg sich das Allerheiligste. Die Dunkelheit repräsentierte die Urfinsternis, den chaotischen, zugleich kreativen Urgrund der Schöpfung. Ein zum Allerheiligsten leicht ansteigender Bodenverlauf machte dieses zum höchsten Punkt der Tempelanlage und ahmte die Spitze des Urhügels nach, eben jener Landmasse, die sich unter den Füßen des Schöpfergottes bildete, als er aus dem Urozean Nun emporstieg.
Diese alten Bauformen waren für Echnaton nicht mehr von Bedeutung: Die neue Lehre klammerte die Zeit vor der Schöpfung ebenso konsequent aus wie die Frage nach dem Jenseits bzw. dem nächtlichen Aufenthaltsort des Sonnengottes. Beides schien Echnaton offenbar nicht relevant. Aton manifestierte sich im Sonnenlicht, das auf die Welt und seine Geschöpfe herabschien. Aus diesem Grund wurden die Tempel in Achetaton als offene Anlagen ohne Dach errichtet, so dass die Rituale und Opfer für Aton unter freiem Himmel stattfinden konnten. Mit einer Grundfläche von rund 210.000 m² (760 × 275 m) übertrifft der Große Aton-Tempel die Ausmaße traditioneller altägyptischer Tempelanlagen um rund das Zwanzigfache. Für diese immense Flächenaufweitung mag es unterschiedliche Gründe gegeben haben, einer davon war mit großer Wahrscheinlichkeit die Verlegung des Jenseits in den diesseitigen Raum des Großen Tempels, der nicht nur die Lebenden, sondern auch die Toten beherbergen sollte (siehe Religion).

Grabarchitektur

Die neue Lehre verortete das Jenseits – anders als vor und nach der Amarna-Zeit – im Osten, entsprechend wurden die Gräber im die Stadtfläche begrenzenden Ostgebirge angelegt. Echnatons eigene Grabanlage befindet sich in dem Taleinschnitt, aus dem heraus die Sonne am Morgen aufzugehen schien. Diese Standortwahl bekräftigte seinen Anspruch auf Göttlichkeit.
Eine auffällige Neuerung ist, dass die für ein altägyptisches Grab typischen viereckigen Säulen durch Pfeiler ersetzt wurden, die denen in den Tempel- und Palastanlagen ähneln – auch auf dieser Weise erfolgte eine Annäherung an die diesseitige Welt, indem deren Baustil in den funerären Bereich übernommen wurde. Da die alten Götterszenen nicht mehr für die Dekoration der Wände in Frage kamen, wurden sie durch Szenen zur Verehrung des Königspaares ersetzt. Beliebte Motive waren dabei die Ausfahrt der Königsfamilie mit dem Pferdegespann, Opferhandlungen des Pharao im Tempel oder das sogenannte „Erscheinungsfenster“, von dem aus der Pharao Gunstbezeugungen an verdiente Personen zu vergeben pflegte.

Echnatons Grab ist als Familiengrab angelegt. Die bereits im Kindesalter verstorbene Tochter Maketaton wurde dort beigesetzt, die Grabdekoration zeigt die Eltern in tiefer Trauer über den Leib des Kindes gebeugt. Auch Echnaton selbst wurde nach seinem Tod in seinem 17. Regierungsjahr zunächst wie geplant in seiner Grabkammer bestattet.

 

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